Rückblick 2013

Exklusiv-Interview mit Erwin Müller 
– Gründer und Inhaber des Müller-Imperiums

„Mir wäre es nicht wert, dass ich hier meinen Wohnsitz und meine gewohnte Umgebung  aufgebe,  bloß  damit  ich weniger Steuern zahle“  – Erwin Müller.

 

Erwin Müller (r.) und Thomas Bergmann

Es war ein besonderes Interview, das KeySale – vertreten durch Chefredakteur Thomas Bergmann und Handelsredakteur Marcantonio Moschettini – am 1. Juli dieses Jahres führen durften.

 

In seinem Firmensitz in Ulm-Jungingen nahm sich Erwin Müller Zeit für ein ausführliches Gespräch, das an Offenheit und Herzlichkeit nichts vermissen ließ – im Gegenteil: Man muss sich einmal mehr fragen, ob im medialen Mainstream Objektivität noch gefragt ist oder vielmehr alle ins gleiche Horn blasen. Wir auf alle Fälle nicht. Aber machen Sie sich im Folgenden selber ein Bild:

 

T. Bergmann: Herr Müller, Ihr Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Jubiläum. Wenn Sie die Jahre Revue passieren lassen, wie fällt das Resümee aus? Hätten Sie selber gedacht, dass Müller zu einem der bedeutendsten deutschen Einzelhandelsunternehmen werden würde ?


E. Müller: Wissen Sie, so was kann man nicht planen. Wenn jemand mit einer Fünfjahresplanung zu mir kommt, dann kann er nicht erwarten von mir für voll genommen zu werden. Dafür ist die Zeit viel zu schnelllebig und gerade im Geschäftsleben gibt es viel zu viele Variablen, die eine flexible Handhabung erfordern. Natürlich muss man planen, kalkulieren und vorausschauend denken – aber eine absolute Garantie für Erfolg ist das nicht. Und um auf ihre erste Frage zu antworten: Ich bin mit der Entwicklung und dem jetzigen Stand meines Unternehmens sehr zufrieden und auch dankbar.


T. Bergmann: Was waren bzw. sind für Sie die entscheidenden Erfolgsfaktoren ?


E. Müller: Es gibt Situationen in denen man das Richtige tun muss – ob dem so war, erfährt man meistens erst sehr viel später. 1968 war bei mir sicherlich ein bedeutender Schritt, als ich im WERT- KAUF-Center in München als Konzessionär meine 1. Filiale eröffnete – sowohl Drogerie als auch Parfümerie. Was zudem oft vergessen wird ist, dass Erfolg in der Regel mit harter Arbeit einher geht. Da muss größtenteils Tag und Nacht gearbeitet werden, auch an den Wochenenden. In den ersten 15 Jahren hatte ich keinen Urlaub – dazu wären viele heutzutage nicht mehr bereit. Und dann ist es auch wichtig klare Standpunkte zu vertreten, auch wenn man aneckt – man muss authentisch sein. Das zieht sich durch alle Bereiche; man muss wissen, wo die Wurzeln liegen. Mir wäre es beispielsweise nicht wert, dass ich hier meinen Wohnsitz und meine gewohnte Umgebung aufgebe, bloß damit ich weniger Steuern zahle.


T. Bergmann: Ihre Müller-Märkte werden oft als „kleine Warenhäuser“ bezeichnet und auch in der Industrie werden Sie ganz anders wahrgenommen, gerade Stichpunkt Selektive Kosmetik, als Konkurrenten wie dm oder Rossmann – wie kam es zu dieser Entwicklung ?


E. Müller: Das hat natürlich zum einen mit unserer Sortimentspolitik zu tun. Wir führen in jedem Bereich das größte Sortiment des deutschen Einzelhandels, sei es in der Parfümerie, der Drogerie, den Spielwaren oder auch den Tonträgern. Das ist unsere Stärke. Das erfordert dementsprechend auch große Filialen, die bei uns bis zu 4.500 qm Verkaufsflächen aufweisen.
Dieses Angebot, gepaart mit fachkundigem Personal, Top-Preisen und ansprechenden Läden kommt anscheinend nicht nur bei unseren Kunden gut an, sondern wird auch von der Industrie honoriert.

 

T. Bergmann: Wie beurteilen Sie das Thema Eigenmarken und wie bewerten Sie die Gewichtung in Ihrem Unternehmen ?


E. Müller: Wir haben mit unseren Müller Qualitätsmarken eine Größe erreicht, die wir nicht weiter ausbauen möchten. Sicherlich wird es immer Anpassungsprozesse geben, aber die Industrie ist mit Ihrer aufwändigen Forschung und dem immensen Etat der Schrittmacher – als Handel kann man da nur bis zu einem gewissen Grad mitmischen. Diesen haben wir erreicht und sind damit auch zufrieden.


T. Bergmann: Mit der Naturkosmetik haben Sie ein neues Segment in Ihre Märkte geholt. Wie schätzen Sie die Chancen ein und wird es weitere Segmente geben, evt. sogar die Entwicklung hin zu noch größeren Filialen ?


E. Müller: Die Naturkosmetik wird in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Kunden werden immer sensibler für Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourcenbewusstsein. Was die Segmente angeht werden wir beständig umstrukturieren, wenn wir interessante Entwicklungen beobachten. Dies wird aber auf der bestehenden Fläche passieren. So wird z.B. Multimedia allein aufgrund der Downloads an Bedeutung und damit an Fläche verlieren, was wiederum neue Freiflächen schafft. Was die Filialgröße angeht sind wir mit 4.500 qm sicherlich an einer Grenze, die wir nicht weiter nach oben verschieben wollen.


T. Bergmann: Im Ausland gibt es Müller-Märkte in der Schweiz, in Österreich, in Spanien, in Slowenien, in Ungarn und in Kroatien. Wird es weitere Länder geben? Und zur Rezession in Spanien, speziell auch im deutschen Feriendomizil Mallorca – können Sie dies bestätigen ?


E. Müller:  Wir planen keine Markteintritte in weitere Länder. Stattdessen werden wir unser Engagement in den bereits bestehenden Märkten bei Bedarf intensivieren. Expansion ist ja auch immer eine Frage der Logistik. Wir fühlen uns auf den bestehenden Märkten wohl und „mehr Arbeit brauchen wir nicht“. Und was Mallorca betrifft: Auf bestehender Fläche haben wir im letzten Monat ein Plus von 4% gemacht – insofern kann ich dies nicht bestätigen, aber es gibt sicherlich auch andere Bereiche für die dies zutreffen mag.


T. Bergmann: Wie sieht die Erwartung für das laufende Geschäftsjahr aus ?


E. Müller: Interessanterweise startet das laufende Geschäftsjahr 2013 / 2014 mit dem Tag unseres heutigen Interviews und ich gehe davon aus, dass wir bei einem Wachstum von 9% die 4 Milliarden Euro Umsatzmarke erreichen werden. Was die Eröffnung von neuen Filialen angeht, so visieren wir jährlich einen Zuwachs von 50 neuen Standorten an – die im Übrigen aus unserem Cash-Flow finanziert werden. Wir sind in der glücklichen Lage in Bezug auf unser operatives Geschäft beinahe komplett auf Bankkredite verzichten zu können. Lediglich bei unserer Immobilienfinanzierung greifen wir darauf zurück. In den Müller-Filialen, die sich zu 100% in meinem Besitz befinden, werden 35% unseres Umsatzes eingefahren. Zudem müssen wir bei einem EK-Anteil von 45% lediglich bei Saisonspitzen eine geringe Summe an Kontokorrentkredit aufnehmen.

 

T. Bergmann: Herr Müller verraten Sie uns doch bitte noch ein paar persönliche Dinge in einem kurzen Frage-Antwort-Spiel ? Welchen Beruf hätten Sie sich alternativ vorstellen können ?


E. Müller: Architekt – und als Start in diese Richtung eine Schreinerlehre. Das war schon immer ein besonderes Steckenpferd von mir. Insofern betrachte ich meine Filialen mit einem ganz besonderen Auge.


T. Bergmann: Welche Sportart sehen Sie sich am liebsten an ?


E. Müller: Wenn ich Zeit dafür habe, bleibe ich gerne mal bei einem Boxkampf hängen.

 

T. Bergmann: Ihre Lieblingsspeise ?


E. Müller: (lacht) Ich mag sehr gerne Saure Kutteln oder wenn ich in Bayern bin: Saures Lüngerl mit Semmelknödel.


T. Bergmann: Haben sie ein Vorbild ?


E. Müller: Ja, Hugo Mann (Gründer der Verbrauchermarktkette WERTKAUF, gest. 2008 Anm. d. Red.). Ein echtes Vorbild an Gradlinigkeit, immer korrekt, konsequent und auch sehr zielstrebig.


T. Bergmann: Ihre Lieblingshobbies ?


E. Müller: Das Fliegen (Motor- und Segelfliegen) und die Jagd.

 

 

Herr Müller, vielen herzlichen Dank für das offene Gespräch.